Visegrád-Staaten: Zahlen, Daten, Fakten, Interessen und die liebe Haltung zur EU

0

Die Visegrád-Staaten sitzen mit ihrer direkten Grenze zu Weißrussland und der Ukaine im Ukraine-Konflikt in der ersten Reihe. Doch es gibt noch mehr Verbindendes innerhalb der Visegrád-Gruppe.

Die Gruppe der Visegrád-Staaten

Die Visegrád-Staaten sind eine Gruppe von vier zentraleuropäischen Ländern, die sich 1991 zusammengeschlossen haben. Die vier Mitglieder sind Polen, die Tschechische Republik, Ungarn und die Slowakei. Sie arbeiten zusammen, um ihre gemeinsamen Interessen zu schützen und ihre wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen zu fördern.

Seit ihrer Gründung haben die Visegrád-Staaten viele gemeinsame Projekte gestartet, die ihnen helfen, wirtschaftliche und kulturelle Unterschiede zu überwinden. Zu diesen Projekten gehören die gemeinsame Erforschung von Geschichte und Kultur, die Erhöhung des kulturellen Austauschs, die Förderung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und die Schaffung von Reiseerleichterungen.

Die Visegrád-Staaten sind ein wichtiger Teil der Europäischen Union. Sie haben sich auch dem Schengen-Raum angeschlossen, was bedeutet, dass Bürger der Mitgliedsländer ohne Visum oder Pass in die anderen Mitgliedsländer reisen können. Diese Zusammenarbeit hat zu einer stärkeren regionalen Integration beigetragen und den Bürgern der Länder mehr Freiheit und Mobilität gewährt.

Die Visegrád-Staaten haben auch eine einzigartige Geographie und Kultur. Die vier Staaten teilen sich eine lange gemeinsame Geschichte und haben viele ähnliche Traditionen, obwohl sie unterschiedliche Kulturen haben.

Insgesamt sind die Visegrád-Staaten eine Gruppe von Ländern, die sich zusammengeschlossen haben, um die gemeinsamen Interessen zu schützen. Sie haben sich auch zusammengeschlossen, um ihre wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen zu fördern. Diese Länder sind ein wichtiger Teil der Europäischen Union und haben zur regionalen Integration beigetragen.

Interessen: Die vier Staaten der Visegrád-Gruppe

Im Polit-Jargon werden sie auch die V4-Länder oder die V4-Gruppe genannt. So eng die vier Staaten geografisch beieinander liegen, so sehr unterscheiden sie sich doch in Details.

Ungarn

Viktor Orbán, Regierungschef des Visegrád-Staats Ungarn will Ungarn nicht zum Einwanderungsland machen. (Foto: shutterstock - Alexandros Michailidis)

Viktor Orbán, Regierungschef des Visegrád-Staats Ungarn will Ungarn nicht zum Einwanderungsland machen. (Foto: shutterstock – Alexandros Michailidis)

Regierungschef Viktor Orbán hat das Bild von Ungarn geprägt. Gerade in der Sache der Flüchtlingspolitik vertritt er standhaft eine Position, mit der er damals schon zum größten Kritiker von Angela Merkel avancierte. Ungarn will keine Flüchtlinge aufnehmen, will kein Einwanderungsland werden. Das machen die Zahlen der gestellten Asylanträge deutlich.

Im Jahr 2015 stellten über 150.000 Flüchtlinge Asylerstanträge in Ungarn. Zwei Jahre später waren es nur noch 3.400 Flüchtlinge. Ungarn schottet sich gegen den Zulauf weitere Flüchtlinge mit einem Sperrzaun an den Grenzen zu Serbien und Kroatien ab.

Was Ungarn von den anderen drei V4-Staaten abhebt, ist auch das traditionell gute Verhältnis zu Wladimir Putin. Dies zeigte sich in der Frage des EU-Ölembargos im Zuge der Russland-Sanktionen, wo man ihn bremsend kennenlernen durfte. Beim Stern wurde er dafür in die Reihe der „Putin-Versteher“ eingefügt. Ungarn und Russland sprechen offen über ihre gemeinschaftlichen wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Interessen.

In der EU hat Ungarn auch schon angeeckt. Die Europäische Kommission verklagte Ungarn nach Ende des Ausnahmezeitraums, der Ungarn nach seinem Beitritt zur EU gewährt worden war, in zwei laufenden Vertragsverletzungsverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Union. Bereits im Juni 2020 erkannte der Gerichtshof, dass das ungarische Gesetz über Nichtregierungsorganisationen („Transparenzgesetz“) gegen die EU-Vorschriften verstieß. Viktor Orbáns Veränderung des ungarischen Rechtsstaats stößt in der EU auf Ablehnung. Die Abschaffung der Medienfreiheit und die Entmachtung des Verfassungsgerichtes sind Punkte des Anstoßes.

Polen

Eine Sache hat Polen mit Ungarn (und Tschechien) gemein: Man will keine Flüchtlinge aufnehmen. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg verurteilte Polen und die anderen beiden Visegrád-Staaten wegen ihrer Weigerung, Flüchtlingskrise 2015 den Beschluss zur Umverteilung von Flüchtlingen an der EU-Außengrenze umzusetzen und Griechenland und Italien zu entlasten.

Damals wurden in der EU Quoten für die Flüchtlingsaufnahme festgelegt: für Ungarn waren etwa 1.000 Flüchtlinge vorgesehen, für Tschechien etwa 2.000 und für Polen rund 6.000. Die Ablehnung wurde damals mit der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und dem „Nichtfunktionieren“ des Umsiedlungsmechanismus begründet. Doch das ließ der EuGH nicht gelten. Aber auch die Justizreform in Polen stieß in der EU auf Ablehnung, die darin die Unabhängigkeit der Justiz gefährdet und die Gewaltenteilung im Land im Wanken sah.

Polen verbat sich in den beiden Themen die Einmischung der EU in innere Angelegenheiten und nahm die Justizreform zurück – allerdings nur teilweise. Polen kann sich einen Ausschluss aus der EU aufgrund der großen wirtschaftlichen Vorteile durch die Mitgliedschaft nicht leisten.

Tschechien

Andrej Babis sprach von „illegalen Migranten“, die er auf keinen Fall in Tschechien aufnehmen wolle. Tschechiens Regierungschef wendet sich massiv gegen die Flüchtlingsaufnahme. Doch das ist nicht der einzige Streitpunkt mit der EU. Tschechien hat ein sehr großes Korruptionsproblem, das noch immer nicht zurückgeführt wird. Andrej Babis selbst geriet auch ins Zwielicht. Er ist der zweitreichste Mann des Landes und man verdächtigt ihn, über eines seiner Unternehmen zu Unrecht EU-Agrarsubventionen in Millionenhöhe kassiert zu haben. Andererseits ist Tschechien wirtschaftlich sehr eng an die EU gebunden.

Slowakei

Die Slowakei hat in der Flüchtlingskrise zwar einige Kontingente an Flüchtlingen aufgenommen, doch ist man gegen die Gleichbehandlung von legaler und illegaler Migration. Die Slowakei sieht Wirtschaftsmigration als illegal, schädlich und als ein Sicherheitsrisiko an. Dennoch möchte die Slowakei Teil des Kerneuropas sein. Ähnlich wie Tschechien ein Problem mit der Korruption. Diese erreicht selbst höchste Regierungskreise. Ein Journalistenmord steht hier im Raum und von Korruption, Lügen, Misswirtschaft und Subventionsbetrug ist die Rede.

Deutschland und die Visegrád-Staaten

Nimmt man alle vier Visegrád-Staaten zusammen, so stellen die V4-Länder tatsächlich den wichtigsten deutschen Außenhandelspartner dar. Dies hat sich auch in den Jahren 2020 und 2021 nicht geändert. Die V4-Länder gelten zudem als großer Stabilisator in den internationalen Lieferketten.

Infografik Handelspartner Deutschlands

Infografik: Die Visegrád-Staaten sind Deutschlands wichtigster Handelspartner, noch vor USA, China und Russland.

Infografik: Die Visegrád-Staaten sind Deutschlands wichtigster Handelspartner, noch vor USA, China und Russland.

 

Zahlen, Daten Fakten

Auf einer Fläche von etwa 530.000 km² leben in den Visegrád-Staaten etwa 65 Millionen Menschen. Das Brutto-Inlandsprodukt (BIP) lag im Jahr 2017 bei etwa 975 Mrd. US-Dollar. Auffallend ist der hohe Korruptionsindex.

Kennzahlen der Visegrád‑Staaten
Visegrád-Staat Einwohner Hauptstadt BIP pro Kopf (KKP) Staatsschulden-quote Arbeitslosen-quote Korruption CO₂-Emission pro Kopf
Polen 38.485.779 Warschau 29.291 US$ 51 3,8 % 60 8,11 t
Slowakei 5.421.349 Bratislava 32.110 US$ 50 6,8 % 50 6,28 t
Tschechien 10.521.600 Prag 36.916 US$ 35 2,3 % 57 9,60 t
Ungarn 9.908.798 Budapest 28.375 US$ 70 3,7 % 45 5,07 t
Quelle: Wikipedia

Die Beziehung der Visegrád-Gruppe zur EU

Die Visegrád-Staaten sind sämtlich EU-Mitgliedsstaaten. Doch die Slowakei ist das einzige Mitglied der Eurozone. Innerlich sind die Visegrád-Staaten in zwei Gruppen gespalten. Da sind Ungarn und Polen, die zunehmend weniger als liberale Demokratien gelten. Tschechien und die Slowakei hingegen finden nach Regierungswechseln stets zuverlässig den Weg in den Mainstream der EU. So spricht man mittlerweile auch von „V Zwei plus Zwei“ statt von „V4“.

Die Visegrád-Gruppe ist in zwei Hälften gespalten. Während Ungarn und Polen sich in den Bewertungen zum Stand der liberalen Demokratie weiter zügig verschlechtern, sind Tschechien und die Slowakei nach den jeweiligen Regierungswechseln wieder auf dem Weg zurück in den Mainstream der Europäischen Union. So lautet die Analyse der europäischen Redaktion des Nachrichtenportals „Politico“. Demnach spricht das mitteleuropäische Quartett in bestimmten Fragen immer noch eine gemeinsame Sprache, die beiden Hälften seien aber auf „verschiedenen Fährten“.

Der tschechische Minister für europäische Angelegenheiten, Mikulaš Bek sieht hier sogar noch wesentlich mehr. Gegenüber der Zeitung „Hospodářské noviny“ distanzierte er sein Land und die Slowakei von den europaskeptischen Staaten Polen und Ungarn. Er sieht einen massiven Streit der beiden Nationen mit der EU und möchte Tschechien und die Slowakei damit nicht in Verbindung gebracht wissen. Polen und Ungarn wollen eher eine Individualität der Staaten in der EU gewahrt wissen, was sie mit „Europa der Vaterländer“ bezeichnen und rücken ehr und ,ehr von der politischen Union ab.

Lassen Sie eine Antwort hier